Deutsches Reich,
Dienstag,
19. Juni 1900
Inland
Deutsches Reich
Oldenburg - Telegramm des Kaisers an den Staatssekretär des
Auswärtigen Amtes
Der
in
Oldenburg
weilende
deutsche
Kaiser
Wil
-
helm
II.
schrieb
an
den
Staatssekretär
des
Aus
-
wärtigen
Amtes
Bernhard
von
Bülow
ein
Telegramm:
“Nach
letzten
Mel
-
dungen
aus
China
kein
Zweifel
mehr
über
Schwere
der
Katastrophe
und
durch
Rückzug
des
Entsatzheeres
unter
engli
-
schem
Admiral
(gemeint
ist
Edward
Hobart
Seymour
-
DHJ)
nach
Tientsin,
schwere
Blamage
der
Europäer
vor
Asiaten.
Dazu
Meldungen
von
Auf
-
ständen
im
Jangtsekiang
-
tal
und
am
Westflusse
zeigen,
daß
China
im
ganzen
entschlossen
ist,
Europäer
hinauszuwer
-
fen.
Daher
muß
sofort
auf
große
Militäraktion
gemeindamer
Natur
vorbereitet
werden.
Berufen
Sie
sofort
Botschafter
zusammen,
die
ihre
Regie
-
rungen
um
Instruktionen
bitten
behufs
Einleitung
der
Aktion.
Es
müssen
starke
Kontingente
zu
gemeinsamem Heer hinausgehen.
Peking
muß
regelrecht
angegriffen
und
dem
Erdboden
gleich
gemacht
werden.
Dazu
muß
Heer
mit
Schnellfeuer-
und
Belagerungsartille
-
rie
ausgerüstet
werden.Organisation
des
Verpflegungsnachschubs
sehr
wichtig,
da
zwischen
Peking
und
Taku
nichts
mehr
zu
haben
ist.
Ich
werde
eventuell
den
Obergeneral
gern
stellen.
Denn
es
muß
die
ganze
Aktion
in
eine
feste
Hand
gelegt
werden,
und
zwar
europäische.
Wir
dürfen
uns
nie
dem
aussetzen,
daß
Rußland
und
Japan
die
Sache
allein
machen
und
Europa
heraushauen.
Der
deutsche
Gesandte
wird
durch
meine
Truppen
gerächt
(gemeint
ist
Clemens
August
Freiherr
von
Ket
-
teler
;
ein
Telegramm
der
“Exchange
Telegraph
Company”
vom
16.
Juni
1900
hatte
die
Ermordung
des
Freiherrn
von
Ketteler
gemeldet;
die
Nachricht
vom
Tod
des
deutschen
Gesandten,
die
dem
Kaiser
übermittelt
worden
war,
hatte
jedoch
nicht
gestimmt
-
DHJ)
.
Peking
muß
rasiert
wer
-
den.
England
kann
ja
bei
Aktion
zur
See
Leitung
übernehmen.
Marineinfanterie
muß
gleich
hinaus.
Es
ist
der
Kampf
Asiens
gegen das ganze Europa!
Wilhelm I. R.“
Quelle:
Die
Große
Politik
der
Eropäischen
Kabinette
1871-1914
-
Sammlung
der
Diplo
-
matischen
Akten
des
Auswärtigen
Amtes
-
16.
Band,
Die
Chinawirren
und
die
Mächte
1900-1902.
S. M. Kaiser Wilhelm II. mobilisiert Marine
Der
deutsche
Kaiser
Wilhelm
II.
erließ
den
Befehl
zur
Mobilmachung
der
Marine-Infanterie
und
zu
ihrer Entsendung nach China.
Ebenfalls
einen
Kaiserlichen
Befehl
zur
Ent
-
sendung
nach
China
und
zum
unverzüglichen
Auslaufen
erhielten
der
Große
Kreuzer
"Fürst
Bis
-
marck"
und
das
Kanonen
-
boot
"Luchs"
.
Der
Große
Kreuzer
“Fürst
Bismarck”
wird
am
30.
Juni
1900
und
das
Kanonenboot
“Luchs”
am
07.
Juli
1900
von
Kiel
aus
nach
Ost
-
asien
aus
-
laufen.
Inhalt
Inland
Seite 01
Ausland
Seite 02
“Fürst Bismarck“
Stapellauf am 25.
September 1897,
1920 in Rendsburg
abgewrackt.
“Luchs“
Stapellauf am 18.
Oktober 1899 in Dan-
zig, am 28. Septem-
ber 1914 versenkt.
Seymour, Edward
Hobart
1840 - 1929
Wilhelm II., Friedrich
Wilhelm Viktor ...
1859 - 1941
Bülow, Bernhard
Heinrich Martin ...
1849 - 1929
Ketteler, Clemens
August Freiherr von
1853 - 1900
Ausland
China
Peking - Ultimatum an europäische Gesandte
In
Peking
stellte
die
chinesische
Kaiserliche
Regierung
um
16.00
Uhr
ein
Ultimatum
an
die
europäischen
Gesandten,
das
Land
innerhalb
von
24
Stunden zu verlassen.
Bulgarien
Einschränkung der Pressefreiheit
Um
den
drohenden
Staatsbankrott
abzuwenden,
hatte
die
bulgarische
Nationalversammlung
am
05.
Mai
1900
über
eine
Steuer
des
“Naturalzehnten”
nachgedacht.
Dies
hatte
den
erbitterten
Wider
-
stand
der
Bauern
hervorgerufen,
wobei
es
zu
erheblichen
Unruhen
gekommen
war.
Auch
ein
von
der
Regierung
proklamiertes
Standrecht
konnte
eine
Beruhigung
der
Situation
nicht
herstellen.
Um
die
Agitationen
gegen
die
Regierung
zu
unterbin
-
den,
schränkte
Fürst
Ferdinand
I.
von
Bulgarien
heute die Pressefreiheit ein.
Schweden
König Oskar II. wieder in der Heimat
Nach
einem
zweimonatigen
Aufenthalt
in
London
und
Paris,
kehrte
König
Oskar
II.
von
Schweden
und
Norwegen
wieder
in
seine
Heimat
zurück.
Da
in
den
Pres
-
semeldungen
zu
lesen
war,
daß
sich
der
König
wäh
-
rend
seines
Londonaufenthaltes
abfällig
über
die
Buren
geäußert
haben
solle,
ließ
das
schwedische
Außenministerium
eine
Erklärung
herausgeben,
in
der
darauf
hingewiesen
wurde,
daß
der
König
in
dieser
Angelegenheit
nicht
als
Staatsoberhaupt,
sondern
als
Privatperson gesprochen habe.
Deutsches Reich,
Dienstag,
19. Juni 1900
Seite
2
Ferdinand I. von
Bulgarien
1861 - 1948
Oskar II. - Oskar
Friedrich Bernadotte
1829 - 1907