Deutsches Reich,
Montag,
01. Januar 1900
Inland
Deutsches Reich
Berlin - Übergang zum Jahrtausendwechsel groß gefeiert
In
Berlin
wurde
das
neue
Jahrhundert
ausgiebig
gefeiert.
Im
Lustgarten
hatte
man
Batterien
aufgestellt,
die
mit
Salutschüssen
das
neue
Jahr
begrüßten.
Vom
Rathausbalkon
spielten
die
Fanfaren
und
Hunderte
Trom
-
peten,
Mundharmonikas
und
"Waldteufel"
(auch
Brummtopf
genannt)
gaben
diesem Jahreswechsel etwas besonderes.
Berlin - Jahrhundertfeier im Berliner Zeughaus
Am
Neujahrsmorgen
veranstaltete
S.
M.
der
Deut
-
sche
Kaiser
Wilhelm
II.
im
Lichthof
des
Berliner
Zeughauses
eine
Jahrhundertfeier.
Es
wurden
die
Truppenfahnen
und
Standarten
des
Gardekorps
neu
geweiht.
Die
Kaiserin
mit
den
jüngsten
kaiserli
-
chen
Kindern
wohnte
der
Feier
an
den
Fenstern
des
ersten
Stockwerks
im
Zeughaus
bei.
Ein
evan
-
gelischer
Feldprediger
sprach die Weiherede:
”In
Schwert
und
Schild
unter
dem
Kruzifix,
das
soll
unsere
gute
Wehr
und
Waffen
bleiben,
und
des
Schildes
Inschrift
die
große
Parole
auch
für das neue Jahrhundert:
Zu Schirm und Schutz
Zu Tat und Trutz
Zu Sieg im Streit
Von Gott geweiht.“
S.
M.
der
Deutsche
Kaiser
hielt
anschlie
ßend
eine
Neujahrsansprache,
in
der er unter anderem die Neuorganisation der Flotte erklärte:
“
Der
erste
Tag
des
neuen
Jahrhunderts
sieht
unsre
Armee,
d.
h.
unser
Volk
in
Waffen
um
seine
Feldzeichen
geschart
vor
dem
Herrn
der
Heerscha
-
ren
knieen;
und
wahrlich,
wenn
irgendwer
besonderen
Grund
hat,
sich
heute
vor Gott zu beugen, so ist es unser Heer.
Ein
Blick
auf
unsere
Fahnen
genügt
als
Erklärung,
denn
sie
verkör
-
pern
unsere
Geschichte.
Wie
fand
das
vergangene
Jahrhundert
bei
seinem
Anbruche
unser
Heer?
Die
glorreiche
Armee
Friedrichs
des
Großen
war
auf
ihren
Lorbeeren
eingeschlafen,
im
kleinlichen
Detail
des
Gamaschendiens
-
tes
verknöchert,
von
altersschwachen,
kriegsuntüchtigen
Generalen
geführt,
ihr
Offizierskorps
fördernder
Arbeit
entwöhnt,
in
Luxus
und
Wohlleben
und
törichter
Selbst
über
hebung
verkommen.
Mit
einem
Wort,
die
Armee
war
ihrer Aufgabe nicht nur entwachsen, sie hatte sie vergessen.
Schwer
war
die
Strafe
des
Himmels,
die
sie
ereilte
und
die
unser
Volk
traf.
In
den
Staub
ward
sie
geworfen,
Friedrichs
Ruhm
verblich,
ihre
Feldzei
-
chen
waren
zerbrochen.
In
den
sieben
langen
Jahren
schwerster
Knecht
-
schaft
lehrte
Gott
Unser
Volk
sich
auf
sich
selbst
besinnen,
und
unter
dem
Drucke
des
Fußes
eines
übermütigen
Eroberers
gebar
unser
Volk
aus
sich
heraus
den
hehrsten
Gedanken,
daß
es
die
höchste
Ehre
sei,
im
Waffen
-
dienste
seinem
Vaterlande
Gut
und
Blut
zu
weihen:
die
allgemeine
Dienstpflicht
.
Mein
Urgroßvater
gab
ihr
Form
und
Leben,
und
neuer
Lorbeer
krönte die neu erstandene Armee und ihre jungen Fahnen.
Ihre
eigentliche
Bedeutung
jedoch
gewann
die
allgemeine
Dienstpflicht
erst
durch
unsern
großen,
dahingegangenen
Kaiser.
In
stiller
Arbeit
entwarf
er
seine
Reorganisation
-
unsere
Armee,
trotz
des
Widerstandes,
den
Unver
-
stand
ihm
setzte.
Die
siegreichen
Feldzüge
krönten
jedoch
sein
Werk
in
nie
geahnter
Weise.
Sein
Geist
erfüllte
die
Reihen
seines
Heeres
ebenso,
wie
sein
Gottvertrauen
dasselbe
zu
unerhörten
Siegen
hinriß.
Mit
dieser
seiner
eigenen
Schöpfung
führte
er
die
deutschen
Stämme
wieder
zusammen
und
gab
uns
die
langersehnte
deutsche
Einheit
wieder.
Ihm
danken
wir
es,
daß
kraft
dieser
Armee
das
Deutsche
Reich
Achtung
gebietend
seine
ihm
bestimmte Stellung im Rate der Völker wieder ein
nimmt.
An
Ihnen
ist
es
nun,
Meine
Herren,
auch
im
neuen
Jahrhundert
die
alten
Eigenschaften
zu
bewähren
und
zu
betätigen,
durch
welche
unsere
Vorfahren
die
Armee
groß
gemacht
haben:
Einfachheit
und
Anspruchs
-
losigkeit
im
täglichen
Leben,
unbe
-
dingte
Hingabe
an
den
königlichen
Dienst,
volles
Einsetzen
aller
Kräfte
Leibes
und
der
Seele
in
rastloser
Links im Bild die Neue
Wache und rechts das
Zeughaus in Berlin.
Nach einem Ölbild
von Wilhelm Brücke
aus dem Jahr 1828.
Inhalt
Inland
Seite 01
Ausland
Seite 03
Wilhelm II., Friedrich
Wilhelm Viktor ...
1859 - 1941
u.a.
die
britische
Kolonialherrschaft
über
Sansibar
anerkannt
und
dafür
-
das
durch ein Reichsgesetz preußisch gewordene - Helgoland erhalten.
Kaiserlicher Erlaß an das Heer
Ein
“Kaiserlicher
Erlaß
Wilhelms
II.
an
das
Heer”
wurde
in
einer
Sonderausgabe
des
“Armeeverord
-
nungsblattes” veröffentlicht.
BGB tritt in Kraft
Nach
einem
Entwurf
vom
18.
August
1896
trat
ab
heute
das
"Bürgerliche
Gesetzbuch"
für
das
gesamte
Deutsche
Reich
in
Kraft.
Dadurch
wurde
eine
einheitliche
Zivilrechtsordnung
-
und
somit
eine
einheitliche
gesetzliche
Arbeit an der Ausbildung und Fortentwicklung unserer
Truppen.
Und
wie
Mein
Großvater
für
sein
Landheer,
so
werde
auch
Ich
für
Meine
Marine
unbeirrt
in
gleicher
Weise
das
Werk
der
Reorganisation
fort-
und
durchführen,
damit
auch
sie
gleichberechtigt
an
der
Seite
Meiner
Streitkräfte
zu
Lande
stehen
möge
und
durch
sie
das
Deutsche
Reich
auch
im
Aus
-
lande
in
der
Lage
sei,
den
noch
nicht
erreichten
Platz zu erringen.
Mit
beiden
vereint
hoffe
Ich
in
der
Lage
zu
sein,
mit
festem
Vertrauen
auf
Gottes
Führung
den
Spruch
Friedrich
Wilhelms
I.
wahr
zu
machen:
“Wenn
man
in
der
Welt
etwas
will
dezidieren,
will
es
die
Feder
nicht
machen,
wenn
sie
nicht
von
der
Force des Schwertes soutenieret wird.”
Quelle:
Johannes
Penzler:
Die
Reden
Kaiser
Wilhelms
II.
in
den Jahren 1896-1900, Leipzig.
Berlin - Übernahme der Pferdeeisenbahn-Gesellschaft
In
Berlin
wurde
die
"Neue
Berliner
Pferdeeisenbahn-Gesellschaft"
von
der
"Großen Berliner Straßenbahn-Aktien-Gesellschaft" gänzlich übernommen.
Berlin - Gründung einer Bibliothek der Wirtschaft
1899
hatten
die
Ältesten
der
Berliner
Kaufmannschaft
beschlossen,
die
im
Börsengebäude
stehenden
ca.
7.000
Bücher
zu
einer
Bibliothek
zusammen
-
zufassen.
Zum
Direktor
der
Bibliothek
der
Berliner
Kaufmannschaft
wurde
heute
Dr.
Berthold
Reiche
ernannt.
Bis
1930
wird
Dr.
Reiche
eine
Fachbi
-
bliothek mit mehr als 50.000 Bänden aufgebaut haben.
Helgoland - Einführung des Personenstandsgesetzes
Auf
der
seit
01.
Juli
1890
preußischen
Insel
Helgoland
wurde,
durch
eine
Ver
-
ordnung
des
Deutschen
Kaisers
Wilhelm
II.
,
das
deutsche
Personenstands
-
gesetz eingeführt.
Eheschließungen
müssen
nun
durch
einen
Standesbe
amten
erfolgen.
1714
wurde
Helgoland
von
Dänemark
und
1807
von
Großbritannien
besetzt.
Am
01.
Juli
1890
hatte
das
Deutsche
Reich
im
"Helgoland-Sansibar-Vertrag"
Parademarsch S. M.
Kaiser Wilhelm II. zur
Besitzergreifung Hel-
golands an das Deut-
sche Reich am 10.
August 1890.
(Bild: Bundesarchiv, Bild 146-
2005-0151).
01. 07. 1890
PDF-Dokument:
“
Vertrag zwischen
dem Deutschen Reich
und England über die
Kolonien und Helgo-
land vom 01. Juli
1890.”
01. 01. 1900
PDF-Dokument:
“Kaiserlicher Erlaß
Wilhelms II. an das
Heer vom 01. Januar
1900
.”
Seite
2
Deutsches Reich,
Montag,
01. Januar 1900
Friedrich Wilhelm I.
von Preußen
1688 - 1740
Grundlage
-
für
das
Deutsche
Reich
eingeführt.
Bis
dahin
waren
Anliegen
des
Privatrechts
länderspezifisch
sehr
unterschiedlich
geregelt
worden.
Das
”BGB“
umfaßt
5
Bücher:
Den
Allgemeinen
Teil,
das
Schuld
recht,
das
Erbrecht,
das
Sachenrecht
und
das
Familienrecht;
das
bedeu
tete
die
Gesamtheit
des
"Bürgerlichen
Rechts".
Gesetzesentwürfe
anderer
Länder
lehnten
sich
später
am
”BGB“
an.
An
die
50
Länder
hatten
das
deutsche
Rechtssystem
entweder
ganz
oder
nur
teilweise
wegen
seiner
Ausgewo
-
genheit
und
Effizienz
übernommen.
So
hatte
es
zum
Beispiel
auf
das
japanische und auch auf das griechische Gesetzbuch großen Einfluß.
Ebenso
trat
das
1897
beschlossene
neue
"Handelsgesetzbuch"
(HGB)
in
Kraft,
worin
die
vielfältigen
Fragen
des
Innen-
und
Außenhandels
geregelt
waren.
Beide
Gesetze
haben
seitdem
ständig
Veränderungen
erfahren
müssen,
sind
aber
bis
heute
für
Deutschland
wichtige
Rechtsgrund
lagen
geblieben.
Ein
weiteres
Gesetz,
das
in
Kraft
trat,
war
das
Invalidenversicherungsgesetz.
Ausland
Österreich-Ungarn
Währung wird ersetzt
In
Österreich
wurde
ab
dem
heutigen
Tage
die
bisherige
Guldenwährung
durch die Kronenwährung, eine Goldwährung, als Zahlungsmittel ersetzt.
Demonstrationen in Böhmen
Die
tschechischen
Bezirksvertretungen
in
56
Städten
und
über
100
Gemein
den
Böhmens
in
Österreich-Ungarn
stellten
ihre
Tätigkeit
ein.
Sie
demonstrierten
damit
gegen
die
Aufhebung
der
Sprachenverordnung,
die
den
Gebrauch
der
deutschen
und
der
tschechischen
Sprache
bei
Gerichten
und Verwaltungsbehörden vorsah.
Freud begründet Traumdeutung
Der
österreichische
Nervenarzt
Sigmund
Freud
begründete
die
wissenschaft
liche
Traumdeutung
mit
seiner
heute
veröffentlichten
gleichnamigen
Abhandlung.
Seite
3
Deutsches Reich,
Montag,
01. Januar 1900
Freud, Sigmund
1856 - 1939
Italien
Amnestie für Verbrecher
Anläßlich
der
Jahrhundertwende
erließ
König
Umberto
I.
von
Italien
eine
Amnestie
für
Verbrechen
gegen
die
öffentliche
Sicherheit
und
die
Pressege
-
setze,
zudem
für
Vergehen
gegen
die
Freiheit
der
Arbeit und für politische Straftaten.
Schweiz
Ablösung des Bundespräsidenten
Walter
Hauser
löste
Eduard
Müller
turnusmäßig
als
Bundespräsident
der
Schweiz
ab.
Hauser
war
nach
1892
zum
zweiten
Mal Bundespräsident.
Seite
4
Deutsches Reich,
Montag,
01. Januar 1900
Hauser, Walter
1837 - 1902
Müller, Eduard
1848 - 1919
Umberto I. - Umberto
Rainerio Carlo ...
1844 - 1900