Deutsches Reich,
Sonnabend,
18. August 1900
Inland
Deutsches Reich
Schloß Wilhelmshöhe, Kassel - Generaloberst verabschiedet sich
Der
von
den
zur
Niederschlagung
des
“Boxer-Auf
-
standes”
in
China
verbündeten
Mächten
als
Ober
-
befehlshaber
über
das
internationale
Aufgebot
angenommene
preußische
Generaloberst
Alfred
Heinrich
Karl
Ludwig
Graf
von
Waldersee
ver
-
abschiedete
sich
von
Kaiser
Wilhelm
II.
in
Schloß
Wilhelmshöhe
bei
Kassel.
Er
wurde
vom
Kaiser
zum
Generalfeldmarschall
befördert.
Am
20.
August
1900
wird
er
nach
München
ab-
und
anschließend nach Rom weiterreisen.
Der
Kaiser
empfing
den
Generaloberst
im
Residenzschloß
in
Kassel
und
richtete
folgende
Ansprache an ihn und seinem Stab:
“Ich
begrüße
Sie
im
Moment
Ihrer
Abfahrt
aus
dem
Vaterlande
und
gratuliere
Ihnen
dazu,
daß
Sie
auserwählt
worden
sind,
als
Stab
unter
der
Führung
und
Leitung
unseres
bewährten
Feldmar
-
schalls,
des
Grafen
Waldersee,
die
Kampagne
in
China mitmachen zu können!
Lieber
Waldersee!
Ich
spreche
Ihnen
Meinen
Glückwunsch
aus,
daß
Ich
Sie
nochmals
an
dem
heutigen
Tage
als
Führer
der
vereinigten
Truppen
der
zivilisierten
Welt
begrüßen
darf.
Von
hoher
Bedeutung
ist
es,
daß
Ihre
Ernennung
zum
Aus
-
gangspunkt
die
Anregung
und
den
Wunsch
Seiner
Majestät
des
Kaisers
aller
Reußen
hat,
des
mächtigen
Herrschers,
der
weit
bis
in
die
asiatischen
Lande
hinein
seine
Macht
fühlen
läßt.
Es
zeugt
sich
wiederum,
wie
eng
ver
-
bunden
die
alten
Waffentraditionen
der
beiden
Kaiserreiche
sind,
und
Ich
begrüße
es
mit
Freuden,
daß
auf
die
Anregung
Seiner
Majestät
hin
die
gesamte
gesittete
Welt
ohne
Unterschied
aus
freiem
Antriebe
Eure
Exzel
-
lenz nunmehr mit dem Kommando über ihre Truppen betraut.
Wir
können
als
preußische
Offiziere
dankbar
und
mit
Stolz
erfüllt
sein
ob
der
Aufgabe,
die
Ihnen
zugefallen
ist,
denn
es
wird
darin
eine
einheitli
-
che
Anerkennung
für
unser
ganzes
militärisches
Leben
und
Wirken
ausgesprochen,
sowie
für
das
militärische
System
und
für
die
Ausbildung
und Führerschaft unserer Generale und Offiziere.
Zum
Zeichen
Ihrer
Würde,
überreiche
Ich
Ihnen
an
dem
heutigen
Tage
den
Feldmarschallstab,
indem
Ich
hoffe,
daß
Sie
ihn
führen
werden
mit
der
altgewohnten
Frische,
mit
der
Sicherheit,
die
Sie
immer
entwickelt
haben
in
wichtigen
Augenblicken,
und
vor
allen
Dingen
mit
der
Unterstüt
-
zung
der
Vorsehung,
ohne
deren
Hilfe
selbst
der
beste
Soldat
nicht
etwas
zu leisten imstande ist.
Ich
schließe
mit
dem
Wunsche,
daß
es
Eurer
Exzellenz
beschieden
sein
möge,
die
Aufgaben,
welcher
Art
sie
auch
sein
mögen,
ob
langwierig,
ob
schnell,
ob
blutig
oder
nicht,
so
zu
leisten,
wie
Sie
es
wünschen
werden,
und
wie
Wir
alle,
ohne
Ausnahme,
es
wünschen,
die
Wir
Ihnen
Unsere
Truppen anvertraut haben!
Im
Interesse
unseres
Volkes
wünsche
Ich,
daß
unsere
gemeinsame
Expedition
eine
feste
Bürgschaft
gegenseitiger
Anerkennung
und
des
gegenseitigen
Friedens
für
die
europäischen
Mächte
werden
möge,
wie
dies
Seine
Majestät
der
Kaiser
von
Rußland
im
vorigen
Jahre
auf
anderem
Gebiete
versucht
hat.
Was
uns
im
Frieden
nicht
hat
beschieden
sein
kön
-
nen, das ist nun vielleicht mit den Waffen in der Hand zu erreichen!”
(Quelle: Johannes Penzler: Die Reden Kaiser Wilhelms II. in den Jahren 1896-1900.)
Graf von Waldersee antwortete:
“Eurer
Majestät
lege
ich
meinen
innigsten
Dank
zu
Füßen
für
die
überaus
gnädigen,
mich
ebenso
ehrenden
wie
tief
bewegenden
Worte.
Die
Reihe
von
Jahren,
die
ich
die
Ehre
habe,
unter
Eurer
Majestät
Befehl
zu
stehen,
sind
gleichbedeutend
mit
einer
Kette
von
Ehrungen
und
von
Auszeichnungen
und
Beweisen
Allerhöchsten
Vertrauens.
Eure
Das Schloß Wilhelms-
höhe in Kassel (im
Bergpark Wilhelms-
höhe) wurde von 1786
bis 1798 für Landgraf
Wilhelm IX. gebaut.
Es diente von 1891
bis 1918 als Sommer-
residenz (Residenz-
schloß) für die kaiser-
liche Familie.
Inhalt
Inland
Seite 01
Ausland
Seite 03
Waldersee, Alfred
Heinrich Karl ...
1832 - 1904
Wilhelm II., Friedrich
Wilhelm Viktor ...
1859 - 1941
Majestät
haben
mich
zu
dem
höchsten
Range
der
militärischen
Hierarchie
aufsteigen
lassen.
Es
ist
mir
nur
eins
versagt
geblieben,
das
ist,
meinen
Dank
in
Taten
umzusetzen.
Daß
nunmehr
Eure
Majestät
mir
die
Gelegen
-
heit
gegeben
haben,
dies
zu
tun,
beglückt
mich
in
hohem
Maße.
Eure
Majestät
haben
diesen
wichtigen
Moment
benutzt,
mir
auch
das
äußere
Zeichen
meines
Ranges
zu
verleihen
und
dadurch
die
Bedeutung
in
hohem
Maße
gesteigert.
Ich
bitte
Eure
Majestät,
die
Versicherung
gnädigst
anzu
-
nehmen,
daß,
solange
der
Arm
die
Kraft
behalten
wird,
diesen
Stab
zu
halten,
ein
Befehl
zum
Rückzug
über
meine
Lippen
nicht
kommen
wird.
Ich
bitte
Eure
Majestät,
zu
glauben,
und
ich
darf
das
im
Namen
des
ausge
-
zeichneten
Stabes,
den
Eure
Majestät
mir
gegeben
haben,
aussprechen,
daß
alle
Herren
mit
mir
einmütig
sind,
unser
Letztes
daran
zu
setzen,
Eurer
Majestät
treu
zu
dienen
und
den
letzten
Blutstropfen
einzusetzen
für
Eure
Majestät und Deutschlands Ehre!“
(Quelle: Johannes Penzler: Die Reden Kaiser Wilhelms II. in den Jahren 1896-1900.)
Anschließend
gedachte
Kaiser
Wilhelm
II.
bei
der
Tafel
im
Tanzsaale
des
Residenzschlosses
Wil
-
helmshöhe
bei
Kassel
des
Geburtstages
des
verbündeten
und
befreundeten
Kaisers
Franz
Joseph I.
mit den folgenden Worten:
“Indem
Ich
heute
Mein
Glas
erhebe,
um
auf
das
Wohl
Seiner
Majestät
des
Kaisers
Franz
Joseph
zu
trinken,
möchte
Ich
Eure
Exzellenz
(gemeint
ist
der
österreichisch-ungarische
Botschafter
Ladislaus
von
Szögény-Marich
-
DHJ)
bitten,
nochmals
der
Dolmetsch
Meines
Dankes
zu
sein
für
die
Worte,
die
Seine
Majestät
die
Gnade
gehabt
haben,
an
Mich,
wie
an
den
Generalfeld
-
marschall
bei
Gelegenheit
des
Antrittes
seines
Kommandos
zu
richten.
Die
begleitenden
Wünsche
Seiner
Majestät
werden
gewiß
von
Segen
und
Vorteil
für
Seine
Exzellenz
sein.
Wir
aber,
die
wir
hier
versammelt
sind,
zu
gemeinschaftlichem
Zusammensein
vor
der
Trennung
und
dem
Hinausfahren
zu
ernstem
Tun,
erheben
mit
vollem
Herzen
unser
Glas
auf
das
Wohl
Unseres
erlauchten
Verbündeten
und
treuen
Freundes
Unseres
Landes,
Seiner
Majestät
des
Kaisers
Franz
Joseph,
den
wir
alle
von
Herzen
verehren.
Seine
Majestät
hoch! Hoch! Hoch!”
(Quelle: Johannes Penzler: Die Reden Kaiser Wilhelms II. in den Jahren 1896-1900.)
Deutsches Reich,
Sonnabend,
18. August 1900
Seite
2
Franz Joseph I.
1830 - 1916
Szögyény-Marich,
Ladislaus
1841 - 1916
Ausland
Österreich-Ungarn
Wien - Große Geburtstagsfeier
Der
Kaiser
von
Österreich
und
König
von
Ungarn,
Franz
Joseph
I.
,
feierte
seinen 70. Geburtstag.
Frankreich
Paris - Preisverleihung auf der Weltausstellung
Der
französische
Staatspräsident
Èmile
François
Loubet
verteilte
etliche
Preise,
die
den
Ausstellern
auf
der
Pariser
Weltausstellung
verliehen
worden
sind.
Deutsches Reich,
Sonnabend,
18. August 1900
Seite
3
Loubet, Émile
François
1838 - 1929