Deutsches Reich,
Montag,
19. März 1900
Inland
Deutsches Reich
Berlin - 200-jähriges Bestehen der königlich-preußischen Akademie
der Wissenschaften
Mit
einem
Festakt
im
Weißen
Saal
des
Königlichen
Schlosses
fanden,
in
Anwesenheit
des
deutschen
Kaiserpaares
und
zahlreicher
Gäste,
die
Feiern
anläßlich
des
200jährigen
Bestehens
der
königlich-
preußischen
Akademie
der
Wissenschaften
statt.
Zu
diesem
Anlaß
hielt
Kaiser
Wilhelm
II.
folgende
Rede:
“Indem
Ich
Sie
an
Ihrem
Jubeltage
in
diesem
durch
große
Erinnerungen
geweihten
Saale
Meines
Schlosses
willkommen
heiße,
erinnere
Ich
Mich
gern
der
Beziehungen,
welche
Ihre
Körperschaft
mit
Meinem
Königlichen
Hause
verknüpfen.
Das
verständnisvolle
Interesse,
das
Kurfürst
Friedrich
III.
(gemeint
ist
Friedrich
I.
in
Preußen
-
DHJ)
Leibniz'
weitausschauenden
Plänen
entgegenbrachte,
hat
sie
ins
Leben
gerufen.
Der
Große
Friedrich
hat
ihr
den
Stempel
Seines
Geistes
aufgedrückt.
Alle
Könige
Preußens
haben
als
unmittelbare
Protekto
-
ren
teilnehmend,
leitend,
fördernd
über
diese
Schöpfung
gewaltet,
also
daß
das
Wort
Kaiser
Wilhelms
des
Großen:
'Das
in
jedem
preußischen
Könige
einwohnende
Gefühl
für
Wissenschaft
ist
auch
in
Mir
lebendig'
im
Verhält
-
nisse zur ihr in besonderer Weise seinen Ausdruck gefunden hat.
Ich
freue
Mich,
heute
anerkennen
zu
dürfen,
daß
die
Akademie
der
Wissenschaften
nun
schon
durch
zwei
Jahrhun
-
derte
ihre
unversiegte
Lebenskraft
bewährt
und
daß
sie
den
Erwartungen,
die
Meine
Vorfahren
in
sie
gesetzt
haben,
voll
entsprochen
hat.
Es
hat
gewiß
guten
Grund,
wenn
sich
die
deutsche
Wis
-
senschaft
im
engen
Anschluß
an
die
Universitäten
entwickelt
hat,
und
Ich
zweifle
nicht,
daß
der
For
-
schung,
wie
es
auch
unser
unvergeßlicher
Helm
-
holtz
(gemeint
ist
Hermann
Ludwig
Ferdinand
von
Helmholtz
-
DHJ)
bezeugte,
aus
dem
akademischen
Unterricht
und
dem
Verkehr
mit
der
studierenden
Jugend
reiche
Lebensströme
zufließen.
Aber
nicht
minder
hat
sich
die
Organisation
und
Leitung
wissenschaftlicher
Arbeit
durch
die
Akademien
als
ein
wesentliches
und
zur
Erreichung
großer
Ziele
unentbehrliches Element wissenschaftlichen Fortschrittes erwiesen.
Mehr
als
ein
Jahrhundert
vor
der
Berliner
Universität
ins
Leben
getre
-
ten,
hat
die
Berliner
Akademie
auch
früher
die
Aufgabe
verfolgt,
allen
Zweigen
der
Wissenschaft
gleichzeitig
zu
dienen.
Wenn
Ich
in
weiterem
Ausbau
dessen
heute
die
Zahl
der
ordentlichen
Mitglieder
in
der
Philoso
-
phisch-Historischen
Klasse
durch
Hinzufügung
einiger
vorzugsweise
für
deutsche
Sprachforschung
bestimmter
Stellen
vermehrt
habe,
so
leitet
Mich
hierbei
der
Gedanke,
daß
die
deutsche
Sprachforschung,
auf
die
schon
der
Stiftungsbrief
von
1700
hinweist,
in
der
Hauptstadt
des
jetzt
geeinten
Deut
-
schen
Reiches
besonderer
Pflege
bedarf.
Zugleich
erschien
es
Mir
unerläßlich,
auch
die
Zahl
der
Stellen
in
der
Physikalisch-Mathematischen
Klasse
mit
Rücksicht
auf
die
heutige
Bedeutung
der
Technik
in
derselben
Weise zu verstärken.
Und
wie
die
Akademie
die
Wissenschaft
von
vornherein
in
ihrer
vol
-
len
Universalität
erfaßt
hat,
so
kann
man
es
ihr
anderseits
nachrühmen,
daß
sie
sich
der
Verfolgung
aller
außerhalb
der
Wissenschaft
liegenden
Interessen
gänzlich
ferngehalten
hat.
Wohl
haben
sich
die
großen
Erleb
-
nisse
der
Nation
auch
in
ihrem
Wirken
gespiegelt
und
in
den
Worten
ihrer
Festredner
nicht
selten
begeisterten
Ausdruck
gefunden.
Aber
sie
hat
es
stets
verschmäht,
in
das
Gewühl
der
politischen
Leidenschaften
hin
-
abzusteigen,
und
ihre
oberste
Pflicht
vielmehr
allezeit
in
der
rei
-
nen
und
interesselosen
Pflege
der
Wissenschaft erblickt.
Der weiße Saal des
königlichen Schlosses
in Berlin. (Bild: Bundesar-
chiv, Bild 146-1998-014-30A).
Inhalt
Inland
Seite 01
Wilhelm II., Friedrich
Wilhelm Viktor ...
1859 - 1941
Friedrich I. in Preußen
- der “schiefe Fritz”
1657 - 1713
Helmholtz, Hermann
Ludwig Ferdinand ...
1821 - 1894
In
dieser
selbstlosen
Hingabe,
der
sie
Großes
zu
danken
hat
und
die
ihr
weiterhin
den
Erfolg
ihres
Schaffens
verbürgt,
dient
sie
zugleich
dem
Gott
gewollten
Ziele
alles
Wissens,
die
Menschheit
tiefer
in
die
Erkenntnis
der
göttlichen
Wahrheit
einzuführen.
Wie
die
Naturwissenschaf
-
ten
im
letzten
Ziele
den
Urgrund
allen
Seins
und
Werdens
zu
erforschen
trachten,
so
bleibt,
wie
es
Goethe
-
selbst
ein
auswärtiges
Mitglied
dieser
Körperschaft
-
ausgesprochen
hat,
'das
eigentli
-
che,
einzige
und
tiefste
Thema
der
Welt-
und
Menschengeschichte,
dem
alle
übrigen
untergeord
-
net
sind,
der
Konflikt
des
Unglaubens
und
Glau
-
bens'
und,
wie
in
seinem
Sinne
hinzuzufügen
ist,
die
Betätigung
Gottes
am
Menschengeschlechte.
So
bewahrt
sich
auch
an
Ihrem
Arbeiten,
wie
es
Leibniz
wollte,
daß
durch
die
Wissenschaften
'die
Ehre
Gottes
und
das
Beste
des
ganzen
menschli
-
chen
Geschlechts
beständig
befördert
wird.'
Daß
dies
allezeit
geschehe,
dazu
walte
der
Segen
des
Höchsten über Ihnen auch im neuen Jahrhundert.“
Quelle:
Johannes
Penzler:
Die
Reden
Kaiser
Wilhelms
II.
in
den Jahren 1896-1900.
Kabinettsorder zur Beurlaubung deutscher Offiziere
Durch
eine
Kabinettsorder
wird
die
Beurlaubung
deutscher
Offiziere
in
das
ehemalige
Feindland
Frankreich
-
sie
war
bisher
nur
in
Ausnahmefällen
gestattet - allgemein den Beurlaubungen ins Ausland gleichgestellt.
Deutsches Reich,
Montag,
19. März 1900
Seite
2
Goethe, Johann
Wolfgang von
1749 - 1832
Leibniz, Gottfried
Wilhelm
1646 - 1716